Überlegungen zum effizienten Betrieb einer Biogasanlage. Teil 1.

Die Biogasanlage ist keine Betonkuh. Sie ist vielmehr der Stall und formt die Umwelt in der die Bakterien leben. Unsere Aufgabe ist es, durch die richtigen Umweltbedingungen die Bakterien herauszuselektieren, die die maximale Menge Methan erzeugen und damit die Grundlage für die Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage zu legen.

Die Erzeugung von Biogas in Biogasanlagen sind zwei Fraktionen von Bakterien entscheidend:

  1. Die Hydrolyse-Bakterien. Sie schütten Enzyme aus, die große organische Substanzen zerkleinern. Andere Bakterien nehmen diese kleinen Teilchen auf und verstoffwechslen sie zu Essigsäure oder Kohlendioxid und Wasserstoff.
  2. Die methanbildenden Bakterien: Sie übernehmen von den Hydrolyse-Bakterien die Säure bzw. das Kohlendioxid und den Wasserstoff und scheiden Methan aus.

Der Fermenter läuft stabil, wenn die Hydrolyse-Bakterien gerade so viel Säuren bzw. Kohlendioxid und Wasserstoff produzieren, wie die methanbildenden Bakterien verstoffwechseln können: Die Hydrolyse- und die methanbildenden Bakterien sind im Gleichgewicht!
Mit dieses einfachen Modell ist es möglich, die wichtigsten Ereignisse in einem Fermenter zu beschreiben. Das sagt jedoch noch nichts über die Effizienz der Biogasanlage aus.

Bakterien haben noch ganz andere Eigenschaften.

  1. Die Bakterien bilden Biofilme. Das sind gut organisierte Lebensgemeinschaften von verschiedenen Bakterienarten, die in einer Schleimschicht auf Oberflächen zusammenleben. Diese Biofilme schützen nicht nur vor ungünstigen Umwelteinflüssen. Die Bakterien in ihm sind deutlich effizienter als Bakterien die frei schwimmen müssen. Der Biofilm ist durchaus mit einem Ameisenhaufen oder Bienenschwarm zu vergleichen.
  2. Die Bakterien können ihren Stoffwechsel, bei ungünstigen Umweltbedingungen innerhalb von Sekunden, reduzieren oder auch ganz einstellen. Dadurch nehmen keine Stoffe mehr von Außen auf: Gelangt zum Beispiel Desinfektionsmittel über die Gülle in den Fermenter, dann stellen die Hydrolyse-Bakterien Ihren Stoffwechsel ein und schütten keine Enzyme mehr aus. Das Resultat ist, das der Fermenter dickflüssig wird und die Biogasproduktion zurückgeht. Nach ein paar Tagen ist das Desinfektionsmittel so verdünnt, dass es unschädlich ist, dann fangen die Bakterien wieder mit dem Stoffwechsel an und der Fermenter läuft, als wäre nie etwas passiert.
  3. Sind Bakterien aktiv, dann verstoffwechseln sie organische Masse, um Energie zu gewinnen und zu leben. Das Methan, das sie dabei produzieren ist der Abfall Ihres Stoffwechsels. Je ineffizienter der Stoffwechsel der Bakterie ist, umso mehr Methan produzieren sie.
  4. Bakterien sind exotherm, sie können ihre Zelltemperatur nicht regulieren. Die Temperatur in der Bakterie ist also von der Umgebungstemperatur abhängig. Enzyme katalysieren den Stoffwechsel in der Bakterie, deren Aktivität ist ebenfalls von der Temperatur abhängig. Die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeits-Temperatur Regel) besagt, dass sich bei einer Temperaturerhöhung um 10°Celsius die Aktivität der Enzyme um das Zwei – bis Dreifache erhöht.

Die effiziente Produktion von Methan ist also von der Anzahl, der Art und der Aktivität der Bakterien abhängig!

Was bedeutet das für die Praxis?
Das Ziel ist ein dünnflüssiges Substrat und viel Methan!

Einen dünnflüssigen Fermenter zu erreichen ist relativ leicht; die Hydrolyse muss nur schnell genug sein. Denn spalten die Enzyme der Hydrolyse die Rohfaser bevor sie zu quellen beginnt, dann wird der Fermenter dünnflüssig. Die Dünnflüssigkeit hängt nämlich nicht von dem Trockenmassegehalt ab, sondern mit den Stoffen die Wasser aufnehmen und quellen können. Zum Beispiel haben Melasse oder Glycerin eine hohe Trockenmasse, sind aber trotzdem relativ dünnflüssig.
Wir brauchen also viele Bakterien die an das Substrat angepasst sind (Anzahl/Art). Das bedeutet: Ein Futterwechsel sollte langsam erfolgen, damit sich die richtigen Bakterien herausselektieren können und genug Zeit haben sich zu vermehren.
Die Bakterien sollten auch hemmungsfrei ihren Stoffwechsel betreiben können (Aktivität). Deshalb sollten Substrate die Hemmstoffe enthalten, wie Geflügelmist (Ammoniak) oder verschimmelte Silage (Mykotoxine) vorsichtig eingesetzt werden. Das heißt mit wenig anfangen und langsam steigern, damit die Bakterienarten, die resistent dagegen sind, genug Zeit haben sich zu vermehren.

Wurde alles beachtet und der Fermenter ist immer noch nicht dünnflüssig genug, dann kann die Temperatur im Fermenter erhöht werden. Nach der RGT-Regel verdoppelt sich fast die Aktivität der Enzyme, wenn die Temperatur im Fermenter von 42° Celsius auf 50° Celsius erhöht wird. Wichtig ist, die Temperatur regelmäßig mit einem guten und evtl. kalibrierten Thermometer an den Überläufen des Fermenters und des Nachgärers zu kontrollieren.
Vorsicht bei Biogasanlagen die größere Mengen eiweißreiches Substrat oder Hühnermist füttern, bei hohen Temperaturen verschiebt sich das Ammonium-Ammoniak-Gleichgewicht auf die Seite vom Ammoniak, der für die Hydrolyse-Bakterien ein Zellgift ist.

Mehr Oberfläche, mehr Biofilm, mehr Gas. Die methanbildenden Bakterien nehmen die Säuren direkt von den produzierenden Bakterien auf, deshalb ist viel Aufwuchsfläche für die Bildung von Biofilmen notwendig. 5-10% strukturierte Rohfaser in Form von Grassilage, GPS oder Stroh hilft.
Die Rührzeiten, sollten nicht nur wegen der Stromkosten auf das nötigste reduziert werden, zuviel Rühren schadet auch den Biofilmen. Eine Schwimmschicht im Fermenter, solange sie nicht wächst und austrocknet ist durchaus erwünscht und wirkt sich positiv auf die Energiebilanz aus.

Eisen rein, Spuren rein glücklich sein.

Der Mangel an Spurenelementen ist der häufigste Grund für einen zu dicken Fermenter. Fehlende oder nicht bakterienverfügbare Spurenelemente, bremsen den Stoffwechsel der Bakterien aus. Diese produzieren dann weniger Enzyme (Aktivität) und die Rohfaser bleibt länger erhalten und quellt, der Fermenter wird dick. Wenn dann die Hydrolyse-Bakterien und die methanbildenden Bakterien gleichmäßig ihren Stoffwechsel reduzieren, werden bei einer Fermenteranalyse kaum Säuren gemessen, deshalb wird ein subakuter Spurenelementmangel meistens übersehen.
Wird nicht gegengesteuert, dann werden außerdem Bakterien herrausselektiert, die einen sehr guten Stoffwechsel haben und mit weniger Spurenelementen auskommen, aber auch weniger Methan produzieren.
Deshalb ist es wichtig durch die Berechnung der Energiebilanz die Effizienz der Biogasanlage herauszufinden und mit anderen Biogasanlagen zu vergleichen, um den subakuten Spurenelementmangel zu erkennen.
Ist ein Spurenelementmangel erkannt dann gilt: Eisen rein und die Lufteinblasung reduzieren, dadurch bleiben mehr native Spurenelemente bakterienverfügbar und den verbleibenden Mangel durch eine regelmäßige Dosierung mit Spurenelementen ausgleichen.

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