Viele Biogasanlagen mit Nahwärmenetz drosseln im Sommer die Leistung – einfach, weil kaum Wärme abgenommen wird. Im Winter hingegen fahren sie auf Volllast, um Strom und Wärme möglichst gut zu verkaufen, bis die Bemessungsgrenze erreicht ist.
Doch wie lässt sich dieser saisonale Flexbetrieb biologisch sinnvoll steuern? Und wie kann dabei die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden – ohne die Prozessbiologie zu überlasten?
Im Sommer ist der Betrieb vergleichsweise unkompliziert: Wird die Leistung beispielsweise halbiert, reduziert sich auch die tägliche Substratmenge.
Dadurch sinkt die Raumbelastung – die Mikroorganismen haben weniger Stress, und der Prozess läuft stabiler. Gleichzeitig steigt die Verweilzeit im Fermenter, was die Vergärung verbessert.
Mehr Zeit, weniger Last – das bedeutet: bessere Gasnutzung bei gleicher Anlagentechnik. Oder anders gesagt: Hubraum lässt sich eben nur durch Hubraum ersetzen.
Wird im Winter die Leistung deutlich erhöht, steigt die Raumbelastung, während die Verweilzeit sinkt. Die Folge: Das Substrat wird schlechter ausgegoren – es wird also mehr Input pro erzeugter Kilowattstunde benötigt. Das senkt die Marge und schmälert die Wirtschaftlichkeit.
Um dies zu verhindern bieten sich drei Möglichkeiten an:
Absenkung des Nachgärers vor dem Winterfahrplan.
Nehmen wir als Beispiel eine Biogasanlage mit 500 kW elektrischer Leistung:
Im kontinuierlichen Betrieb, bei einer Verweilzeit von 100 Tagen und einer thermophilen Fermentertemperatur von 50 °C, benötigt die Anlage rund 26 Tonnen Maissilage (32 % TS) und 10 Tonnen Rindergülle pro Tag, um den erwarteten Wirkungsgrad von über +20 % zu erreichen.
Energiebilanz der Biogasanlage im kontinuierlichen Betrieb.
Im Sommerbetrieb, bei halbierter Leistung, benötigt dieselbe Biogasanlage nur noch etwa 11,5 Tonnen Maissilage pro Tag – die Güllemenge bleibt dabei konstant.
Die Substratmenge reduziert sich damit nicht einfach proportional auf 13,5 Tonnen, sondern deutlich stärker. Grund dafür ist die verlängerte Verweilzeit von 167 Tagen: Die Mikroorganismen haben mehr Zeit, das Substrat vollständig zu verstoffwechseln – das verbessert die Gasausbeute pro Tonne und steigert die Effizienz.
Energiebilanz im Sommerbetrieb.
Wird die Anlagenleistung im Winter auf 750 kWel erhöht, steigt auch der Substratbedarf – allerdings nicht nur proportional. Statt der erwarteten 39 Tonnen Maissilage pro Tag werden rund 43 Tonnen benötigt.
Ursache: Die Verweilzeit sinkt auf nur noch 68 Tage, was zu einer schlechteren Ausgasung führt.
Die Folge: Mehr Input pro erzeugter Kilowattstunde – und damit höhere Kosten:
Die Substratkosten steigen um über 1 Cent pro kWh el.
Im Klartext: Für diese zusätzliche Leistung fallen täglich rund 120 Euro Mehrkosten an – gegenüber dem kontinuierlichen Normalbetrieb.
Energiebilanz im Winter ohne Absenkung.
Wird der Nachgärer vor dem Winterbetrieb um 1.400 m³ auf 400 m³ abgesenkt, entsteht ein biologischer Vorteil:
Das Substrat im Nachgärer erhält während der folgenden rund 50 Tage – bis der Behälter wieder gefüllt ist – nahezu unbegrenzte Verweilzeit, da kein Durchfluss stattfindet.
Die Wirkung:
Die Anlage erreicht ihre Ziel-Leistung bereits mit rund 40 Tonnen Maissilage und Gülle – und das bei einem Wirkungsgrad, der dem des kontinuierlichen Betriebs entspricht, für den die Biologie ursprünglich ausgelegt war.
Im Ergebnis: eine deutlich effizientere Fahrweise als ohne Absenkung des Nachgärers.
Natürlich geht durch die Absenkung ein Teil der im Nachgärer entstehenden Restenergie verloren.
Doch: Im Sommerbetrieb beträgt die Verweilzeit im Fermenter bereits rund 83 Tage – die Substratausnutzung ist also sehr hoch. Der Energieverlust durch das vorzeitige Ausleiten ist daher vernachlässigbar.
Energiebilanz im Winter mit Absenkung.
Reduzieren der Güllemenge im Winter.
Eine weitere Möglichkeit, die Verweilzeit zu verlängern, besteht darin, die Güllemenge auf das notwendige Mindestmaß zu reduzieren – unter Berücksichtigung des Güllebonus gemäß EEG.
In unserem Beispiel führt eine Halbierung der Güllemenge zu einer Verweilzeitverlängerung um 8 Tage und einer rechnerischen Verbesserung des biologischen Wirkungsgrads um 1,6 %.
Die tatsächliche Substrateinsparung bei Maissilage beträgt jedoch lediglich 200 kg pro Tag bzw 10 €/Tag – kein nennenswerter wirtschaftlicher Vorteil.
Deshalb ist für diese Beispielanlage eine Reduktion der Güllemenge nicht sinnvoll, da eine zu geringe Güllezufuhr die Prozessbiologie destabilisieren kann.
Anders sieht es aus bei Anlagen mit hohem Gülleanteil oder knapper Verweilzeit – dort kann diese Maßnahme durchaus wirtschaftlich relevant sein.
Energiebilanz im Winter mit reduzierter Güllemenge.
Einsatz von Substraten mit hoher Energiedichte, wie Getreide.
Wird Maissilage durch Substrate mit höherer Energiedichte ersetzt, sinkt die gefütterte Gesamtmenge – und die Verweilzeit im Fermenter steigt entsprechend an.
In unserem Beispiel wurden 2 Tonnen Getreide eingesetzt, die 7 Tonnen Maissilage ersetzt haben.
Das führt zu einer Verweilzeitverlängerung von 8 Tagen und einer Steigerung des biologischen Wirkungsgrads um rund 1,5 %.
Wirtschaftlich interessant: Die Substratkosten sinken von 12,111 Cent/kWh auf 11,722 Cent/kWh – das entspricht einer Ersparnis von ca. 0,4 Cent/kWh bzw. rund 70 Euro pro Tag.
Bei den gegebenen Substratkosten ist dieser Austausch wirtschaftlich sinnvoll.
Energiebilanz im Winter mit Einsatz von Getreide.
Fazit: Drei Stellschrauben für mehr Wirtschaftlichkeit – was sich lohnt, muss kalkuliert werden
Den größten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit hat das gezielte Absenken des Nachgärers vor dem Winterbetrieb.
Diese Maßnahme verlängert die Verweilzeit spürbar und verbessert die Gasausbeute bei gleichbleibendem Substrateinsatz – ein klarer Effizienzgewinn.
Die Reduktion der Güllemenge kann ebenfalls Potenzial bieten, sollte aber individuell geprüft werden. Denn bei zu geringer Güllezufuhr steigt das Risiko biologischer Instabilität – hier ist eine saubere Kalkulation unerlässlich.
Auch der Einsatz energiedichter Substrate wie Getreide kann wirtschaftlich attraktiv sein, insbesondere wenn ein geringer Preisunterschied pro kWh zur Maissilage besteht. Die Effizienz steigt – doch ob sich das rechnet, hängt klar von den aktuellen Marktpreisen ab.
Wer die Wirtschaftlichkeit seiner Biogasanlage maximieren will, sollte auch über eine Kombination aller drei Maßnahmen nachdenken – sofern technische Voraussetzungen und biologische Stabilität gegeben sind.
Unser Tipp: Individuell statt pauschal
Lassen Sie Ihre Anlage von einem unserer erfahrenen Berater analysieren.
Das Team von energie+agrar unterstützt Sie gerne dabei, die wirtschaftlich und biologisch sinnvollsten Maßnahmen zu identifizieren – praxisnah, ehrlich und messbar.

