Eines der größten Problemverursacher in der Biogasanlage ist Schwefelwasserstoff. Nicht nur dass der Schwefelwasserstoff im Biogas den Motor, die Gasleitungen und die Bausubstanz Ihrer Biogasanlage durch Korrosion zerstört, auch die methanbildenden Bakterien leiden darunter.
Wird der Schwefel nicht frühzeitig unschädlich gemacht, dann wird die methanproduzierende Biologie gehemmt:
- Sulfid, die im Substrat gelöste Form von Schwefelwasserstoff, bindet sich an die Spurenelemente und fällt diese aus.
Dadurch können die Bakterien sie nicht mehr aufnehmen und es entsteht ein Spurenelementmangel. Diesen bezeichnen wir als sekundären Spurenelementmangel.
Die Substrate werden langsamer verstoffwechselt: Der Fermenter wird dickflüssig und es muss für die gleiche Leistung mehr gefüttert werden. - Zudem leben die schwefelliebenden und die methanbildenden Bakterien in und von derselben Umwelt.
Je mehr Schwefel im Fermenter vorhanden ist, umso besser können sich die schwefelliebenden Bakterien ausbreiten und die methanbildenden Bakterien verdrängen. Dadurch verschlechtert sich die biologische Effizienz der Biogasanlage.
Die Entschwefelung mit Luft macht alles noch schlimmer.
Zu Beginn des Biogasbooms in Deutschland war die Entschwefelung mit Luft, auch biologische Entschwefelung genannt, das Mittel der Wahl. Dabei wird Luft in den Kopfraum des Fermenters geblasen. Bei NAWARO-Biogasanlagen werden etwa 3% Luft der erzeugten Biogasmenge benötigt: Eine 500 kW Biogasanlage erzeugt etwa 250m³ Biogas pro Stunde 3% Luft entsprechen dann 7,5m³ pro Stunde.
Der Sauerstoff in der Luft reagiert bei ausreichender Wärme und hoher Gasfeuchte mit dem Schwefelwasserstoff, dies ist eine rein chemische Reaktion. Es entsteht Wasser und elementarer Schwefel, der sich später auf den Oberflächen im Fermenter und in den Gasrohren ablagert. Wird zuviel Luft eingeblasen oxidiert der Schwefel weiter zu Schwefelsäure bzw. schwefliger Säure. Diese greift dann das Bauwerk und die Technik an.
Der überwiegende Anteil des Schwefels fällt zurück auf die Fermenteroberfläche und wird dort von Bakterien (Thiobacillen) aufgenommen und mit Energie aus dem Substrat und Sauerstoff zu Sulfat umgewandelt.
Das Sulfat wiederum wird von sulfatreduzierenden Bakterien (SRB) mit Hilfe von Energie aus dem Substrat und Wasserstoff zu Sulfiden reduziert.
Sulfide sind die wasserlösliche Form von Schwefelwasserstoff, sie stehen also im chemischen Gleichgewicht zueinander. Da der Schwefelwasserstoff schlecht wasserlöslich ist steigt er in das Biogas auf und der Schwefelkreislauf beginnt von vorne.
Die Luft ist außerdem richtig teuer.
Die Entschwefelung mit Luft verdünnt den Methangehalt im Biogas und verschlechtert damit den elektrischen Wirkungsgrad des Motors. Das ist richtig teuer:
Bei der Entschwefelung mit Luft wird neben den 21,3 % Sauerstoff auch 79% Stickstoff eingeblasen. Der Sauerstoff wird durch die Entschwefelung bis auf 0,3-0,8% verbraucht. Übrig bleibt der Stickstoff, der den Methangehalt senkt. Ein geringer Methangehalt verringert die Flammgeschwindigkeit im Kolben des Motors und damit den elektrischen Wirkungsgrad.
% Lufteinblasung | 1% | 2% | 3% | 4% |
m³ Luft/h | 2,5 | 5 | 7,5 | 10 |
m³ Stickstoff/h | 1,98 | 3,95 | 5,93 | 7,9 |
m³ Biogas vor Motor | 251,96 | 253,95 | 255,93 | 257,9 |
Methan vor Motor | 51,59% | 51,19% | 50,80% | 50,41% |
Wirkungsgrad (elek.) | -0,41% | -0,81% | -1,2% | -1,59% |
zusätzliche Substratkosten |
Bei einer NAWARO-Anlage liegt der Methangehalt aus dem Substrat üblicherweise zwischen 50-55%, in diesem Bereich verliert der Motor mit jedem Prozent weniger Methan gut 1% Wirkungsgrad.
1% weniger Wirkungsgrad bedeutet bei einer 500 kWel Biogasanlage und 8000 Volllaststunden, jährliche Kosten von 6.800 Euro durch höheren Substratverbrauch.
Außerdem reichert sich durch den Schwefelkreislauf Schwefel im Fermenter und Nachgärer an, was die oben genannten Gefahren für die Biologie noch vergrößert.
Die Alternative: Biogas richtig entschwefeln.
Wichtig ist, das der Schwefel möglichst schnell unschädlich gemacht wird. Das Mittel der Wahl zum Entschwefeln ist Eisenhydroxid. Ob aufbereitet und in fermentierbaren Säcken oder als Eisenschlamm spielt keine Rolle. Eisenhydroxid funktioniert immer und bindet die Sulfide zuverlässig im Fermenter.
Wenn wenige Tage nach der Zugabe von Eisenhydroxid der Schwefelwasserstoffgehalt sinkt, wird die Lufteinblasung langsam reduziert. Das Ziel ist weniger als 1% Luft einzublasen.
Nach einigen Monaten kann die Lufteinblasung im Fermenter und Nachgärer komplett ausgeschalten werden und dann wird nur noch Luft in das Gärrestlager eingeblasen, um den Schwefelwasserstoffgehalt auf das gewollte Niveau abzusenken beziehungsweise um genügend Sauerstoff für die Aktivkohle bereitzustellen.
Die Fachberater der energie+agrar waren die ersten, die mit dem Slogan „Eisen rein, Luft raus“ konsequent auf Luftentschwefelung verzichtet haben und erstaunliche biologische und wirtschaftliche Effekte erzielt haben.
P.S. Bei Fragen oder Hinweisen benutzen Sie bitte die Kommentarfunktion unten, dann haben die anderen Biogasbetreiber auch etwas davon.